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Hamburgische Eisenbahngeschichte betrachtet aus Harburger Sicht
Eine Chronologie, zusammengestellt von Gerhard Rocco
[Auszug]
Streckennetz
Beginn des Eisenbahnzeitalters in Hamburg
Sieben Jahre nach Eröffnung der ersten deutschen Eisenbahnstrecke
zwischen Nürnberg und Fürth sollte am 7.5.1842 die erste Bahn zwischen
Hamburg und Bergedorf feierlich eröffnet werden. Das erste
Bahnhofsgebäude in Bergedorf ist heute noch erhalten. Leider fiel die
Eröffnungsfeier aus, weil die ersten Züge bereits Tage vorher nach
Ausbruch des „Großen Hamburger Brandes“ Flüchtlinge aus Hamburg
nach Bergedorf und Feuerwehrleute mit Gerätschaften umgekehrt nach
Hamburg bringen mussten.
Fortsetzung in Altona
Nach Eröffnung der Altona – Kieler Bahn 1844 erfolgte 1845 der Anschluss des Altonaer
Hafens über die Hafenbahn; bis 1849 Pferdebetrieb, bis 1876
Seilbetrieb. Danach Lokomotiv-Betrieb durch den 395 m langen Tunnel.
1895 Verlängerung des Hafenbahntunnels „Schellfischtunnels“ auf 961
m, seinerzeit längster Tunnel Norddeutschlands.
Entstehung weiterer Privatbahnen
1846 Eröffnung der Berlin – Hamburger Bahn mit
Erweiterung des vorherigen „Bergedorfer“ Bahnhofs zum Berliner
Bahnhof, Kopfbahnhof an der Amsinckstr. (1957 umbenannt in Högerdamm).
Fahrzeit Hamburg – Berlin im Personenzug 8 Stunden! 1847 Eröffnung
der Strecke (Hannover -) Celle – Harburg mit End- (Kopf-) Bahnhof am
Schellerdamm (früher Bahnhofsstr.) durch die Königlich Hannöversche
Staatseisenbahn. 1849 entstand die Verbindung zum Hafen Harburg, schon
lange vor dem Hafenanschluss in Hamburg. 1865 wurde die Strecke Lübeck
– Hamburg von der „Lübeck-Büchener Eisenbahn“ (LBE) in Betrieb
genommen mit Endbahnhof an der Spaldingstr. Seinerzeit bestand ein
Verbindungsgleis vom Lübecker Bf über Rothenburgsort zum Berliner Bf.
Diese fortschrittliche Privatbahn wurde erst 1938 von der Staatsbahn
übernommen. Ein Doppelstockzug der LBE mit Stromlinienlokomotive
verkehrt auf unserer Anlage. 1866 Eröffnung der „Verbindungsbahn“
von Hamburg nach Altona, ausgehend vom Bf Klostertor. Nach den Städten
Altona und Harburg bekam 1866 auch der Hafen in Hamburg seinen
Eisenbahnanschluss am Sandthorquai mit Verbindung zum Berliner Bahnhof.
1866 annektierte das Königreich Preußen das Königreich Hannover.
Hamburg und Harburg versuchen die Annäherung
Bis 1872 waren
die Städte Hamburg und Harburg durch Norder- und Süderelbe sowie die
wenig erschlossene Elbinsel Wilhelmsburg mit ihren Niederungen
voneinander getrennt. Es bestanden Fährverbindungen über die Norder-
und Süderelbe sowie eine direkte „Dampf-Schiff-Fahrt“ zwischen
Hamburg, Altona und Harburg. In deren Fahrplan von 1853 waren die
Anschluss-Züge aus/in Richtung Hannover sowie Kiel und Berlin
verzeichnet. 1872 wurden die beiden Eisenbahn-Brücken über die Elbe
eröffnet (Die Straßenbrücken folgten erst 1899!). Gleichzeitig hatte
man 1872 in Harburg den Interimsbahnhof (bis 1897) an der Grubestr.
(heute nördl. Hannoversche Str. Richtung Süderelbe) fertiggestellt, um
dort die Züge der Relationen Hannover / Bremen – Harburg – Hamburg
abzufertigen. Damit war 1872 die Bahn frei für die Verlängerung der
Strecke aus Richtung Hannover über Harburg hinaus bis zum Venloer,
auch Pariser Bahnhof genannt, ab 1892 in Hamburg Hannoverscher Bahnhof
umbenannt. Dort bestand eine Gleisverbindung für Überführungsfahrten
zum Klostertorbahnhof und weiter zur Verbindungsbahn. Die Anlage war am
Lohseplatz als Kopfbahnhof mit großer Bahnhofshalle und Gleisen für
den Güterumschlag konzipiert. (Dargestellt auf unserer Modelleisenbahn)
1874 folgte die Eröffnung der Strecke Bremen – Harburg (genannt
Venloer Bahn, erbaut und betrieben von der Köln – Mindener Bahn) mit
Überleitung in die vorhandene Strecke Harburg – Hamburg-Venloer Bf.
Nunmehr war zwar das „Tor zu Hamburg“ geöffnet worden. Harburger
Kaufleute, Spediteure, Lastträger, Fährbetriebe und Gastwirte
befürchteten aber zu Recht den Rückgang ihrer Geschäfte. 1881 wurde
die Strecke Cuxhaven – Harburg der Unterelbischen Eisenbahn mit
eigenem Endbahnhof Unterelbe in Harburg eröffnet. Es bestand ein
Verbindungsgleis zwischen dem Bf Harburg Unterelbe und den Gleisanlagen
im Bf Harburg. 1889 fuhr der erste HAPAG-Sonderzug von Hamburg nach
Cuxhaven mit Passagieren für den Nordamerika-Dienst.
Neuordnung der Harburger Bahnanlagen
Erst nach Verstaatlichung der Venloer Bahn, der
Köln – Mindener Bahn und der Unterelbischen Eisenbahn erhielt Harburg
einen neuen Gemeinschaftsbahnhof, der die Bahnstrecken von Hannover,
Bremen und Cuxhaven sowie von Hamburg auf sich vereinigte. Der Bahnhof
Harburg wurde 1897 in heutiger Form und Lage eröffnet und erhielt den
Namen Harburg Hbf. Dieses markante Bahnhofsgebäude mit den Gleisanlagen
für den Personenverkehr ist bis heute in Betrieb und wird auf unserer
Anlage im Modell gezeigt. 1907 wurde der dem Bf Unterelbe angeschlossene
Seehafenbahnhof in Betrieb genommen. Nunmehr konnten Seeschiffe an
Altona und Hamburg vorbei Harburg direkt anlaufen.
Neuordnung der Hamburger Bahnanlagen
Der Verkehr auf den Hamburger Straßen wurde
zur Jahrhundertwende immer zähflüssiger, weil sich Fuhrwerke,
Straßenbahn und Eisenbahn gegenseitig behinderten. Die Bahngleise
verliefen seinerzeit auf Straßenniveau und der Zugverkehr musste durch
Posten, Ketten oder Schranken gesichert werden. Fahrpläne der Züge
konnten nicht mehr eingehalten werden. Das Umsteigen zwischen den vier
Endbahnhöfen war unerträglich. Nach langen Verhandlungen zwischen
Hamburg, Lübeck und Preußen war der Weg frei für den Bau des
Hamburger Hauptbahnhofs in seiner heutigen Lage und die niveaufreie
Einführung der Zulaufstrecken von Altona, Harburg, Lübeck und Berlin.
Die vier Endbahnhöfe Hannoverscher, Klostertor-, Lübecker und Berliner
Bahnhof konnten stillgelegt werden. 1906 wurde der Bahnhof Hamburg Hbf
eröffnet. Damit waren – so meinte man – Strecken und Bahnhöfe für
den Personenverkehr auf eine solide Grundlage gestellt. Jedoch hatte man
nicht mit einem außerordentlich starken Ausflugverkehr gerechnet: Über
100 Sonderzüge mussten in den Sommermonaten an Sonntagen u. a. in die
Heide gefahren werden. Da die Anlagen des Hauptbahnhofs diesen Ansturm
nicht bewältigen konnten, wurden 1914 die Bahnsteiggleise des
Hannoverschen Bahnhofs für die Abfertigung von Sonderzügen erneut in
Betrieb genommen. Dadurch war es möglich, von / nach dort auch täglich
bis zu 27 Sonderzüge zwischen Hamburg und Cuxhaven für den Aus- und
Rückwandererverkehr Richtung Amerika abzufertigen.
Gebietsreform in Harburg
1927 wurden die Stadtgemeinden Harburg und Wilhelmsburg
zu einer neuen Stadt „Harburg-Wilhelmsburg“ vereinigt, der Harburger
Bahnhof in „Harburg-Wilhelmsburg Hbf“ und der Haltepunkt
Wilhelmsburg in „Harburg-Wilhelmsburg Nord“ umbenannt.
Gebietsreform in Hamburg
1938 wurden die drei damals
preußischen Städte Altona, Harburg-Wilhelmsburg und Wandsbek gem. dem
Groß-Hamburg-Gesetz vom 1.4.1937 in die Freie und Hansestadt Hamburg
eingemeindet.
Herausforderung für die DB
1962 Sturmflut in
Norddeutschland. Die viergleisige Strecke sowie sämtliche
Straßenverbindungen zwischen Harburg und Hamburg waren unterbrochen.
Die Verbindung konnte tagelang nur mit Einschränkungen und nur auf der
Schiene über die Bahnhöfe Hmb Hohe Schaar und Hamburg Süd im
Hamburger Hafen aufrecht erhalten werden. Fernzüge wurden über
Lüneburg – Büchen umgeleitet.
Die Oberleitung erreicht Hamburg
1965 wurde der elektrische Betrieb auf der Strecke Hannover
– Hamburg aufgenommen. Die Aufnahme des elektrischen Betriebes auf den
Strecken Bremen – Hamburg und Hmb-Harburg – Stade folgte 1968. Auch
unsere Modell-Strecken wurden gleichzeitig mit Oberleitung ausgerüstet.
Die Aufnahme des elektrischen Betriebes auf unserer Anlage erfolgte am
5.4.1965 in Anwesenheit des Präsidenten der Bundesbahndirektion
Hamburg, Herrn Artur Petzold – und zwar einen Tag vor der festlichen
Eröffnung des E-Betriebes durch die DB. In Harburg gab es seit 1903 mit
Inbetriebnahme der Straßenbahnlinie von Hamburg nach Harburg eine
Besonderheit: die Kreuzung der zweigleisigen Unterelbebahn nach Cuxhaven
auf dem Bahnübergang Schlossmühlendamm. Mit Beginn der
Elektrifizierung der DB-Strecke 1967 musste auch der Oberleitungsbereich
als Fahrdrahtkreuzung (mechanisch und elektrisch) hergerichtet werden,
d.h. umschaltbar vom Fernbahnbetrieb mit 15.000 Volt ~ auf
Straßenbahnbetrieb (Rollenstromabnehmer !) mit 600 Volt =. Nach
Einstellung der Straßenbahn zwischen Wilhelmsburg und Harburg 1971
zählte auch diese Kuriosität zur Vergangenheit.
Ende einer Ära
1972 endete der Dampfbetrieb der DB im Norden endgültig mit der letzten
Fahrt der 012 102 von Westerland nach Hmb-Altona. Eine bauartgleiche
Schnellzuglok, die 01 1100, befördert bei uns regelmäßig den D-Zug
von Hamburg nach Köln mit Halt in Hmb-Harburg. Gerade die
Dampflokomotiven mit den dazu passenden Personen- und Güterwagen sind
auf unserer Anlage selbstverständlich noch sehr stark vertreten.
Schnellfahrbetrieb und Infrastruktur
Nach mehrjähriger Umbau-
und Erprobungsphase wurde 1976 auf der Strecke Hamburg – Bremen der
Schnellfahrbetrieb mit 200 km/h aufgenommen und im Rahmen der
Internationalen Verkehrsausstellung 1979 in Hamburg den Besuchern in
Sonderzügen zwischen dem Messe-Bf Hmb Sternschanze und Bremen
demonstriert. 1987 folgte die Strecke Hamburg – Hannover und 2004 die
Strecke Hamburg – Berlin, diese sogar mit 230 km/h. Die auf diesen
Strecken eingesetzten Züge (IR, IC, ICE) verkehren auch auf unseren
Modellstrecken. 1983 erreichte die Gleichstrom-S-Bahn den Stadtteil
Hmb-Harburg und wurde 1984 bis Hmb-Neugraben verlängert. Den
unterirdischen S-Bahnhof Harburg mit zwei S-Bahnzügen zeigen wir auf
unserer Anlage als Teilansicht im Modell.
Entwicklung der Anlagen für den Güterverkehr
So wie die
Reisenden in Hamburg ein-, aus- und umsteigen, müssen auch die
Güterwagen entsprechend behandelt werden. Das geschieht auf den
Rangierbahnhöfen. Die ankommenden Güterzüge werden aufgelöst und die
Wagen je nach Zielbahnhöfen im Nahbereich erneut zusammengestellt. Dort
angekommen müssen sie erneut ausrangiert und den Empfängern zugestellt
werden. In Hamburg gab es fünf solcher Rangierbahnhöfe (Rbf):
Rothenburgsort, als Rbf der Berlin-Hamburger Eisenbahn (seit 1847),
Wilhelmsburg (1890), Harburg (1897), Eidelstedt (1922) und Billwerder
(1939). Für die sofortige Bereitstellung eilbedürftiger Wagen bei den
örtlichen Empfängern und die beschleunigte Weiterleitung solcher Wagen
erlangte der Hannoversche Bahnhof, seit 1964 Hamburg Hgbf, eine
herausragende Bedeutung. (Ergänzende Angaben siehe weiter unten)
Hamburger Hafenbahn
Für den Bahnanschluss im Hamburger Hafen
sorgt die Hamburger Hafenbahn mit einem umfangreichen Gleisnetz,
begonnen 1866 mit der Verbindung zum Sandttorkai. Das Netz der Hafenbahn
gehört der Stadt Hamburg und umfasst heute ca. 300 km. Dazu rechnen
nicht die vielen Privatgleisanschlüsse der Umschlagfirmen und
Industriebetriebe. Diese müssen ihre Gleisanlagen auf eigene Kosten
erstellen. Ca. 200 Züge verkehren täglich zwischen dem Netz der DB und
den Hafenbahnhöfen. 70 % der Container werden auf der Schiene
befördert. Die großen elektrifizierten Hafenbahnhöfe wie z.B. Hamburg
Süd, Hohe Schaar, Waltershof wie auch einzelne große Umschlagbetriebe
werden aus dem DB-Netz mit sog. Ganzzügen direkt angefahren.
Die große Umstellung im Güterverkehr
Da die fünf o.g. Hamburger
Rangierbahnhöfe immer unwirtschaftlicher arbeiteten, musste das gesamte
System erneuert werden. So wurde 1977 der erste Bauabschnitt des Rbf
Maschen im Nord/Süd-System in Betrieb genommen. Nach Fertigstellung der
Gesamtanlage 1980 konnten die fünf Rangierbahnhöfe nach und nach
stillgelegt werden.